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LEESI
Die der Heiligen Katarina geweihte Kirche in Leesi wurde in den
Jahren 1865–1867 als die Nachfahre der Juminda-Kapelle gebaut.
Zum Vorbild wurde das neue, einige Zeit früher (1853) in Loksa
errichtete Kapellenhaus genommen. Die beiden – sowohl Leesier als
auch Loksaer – Kirchen dienten als am Meer liegende Hilfskirchen
der Gemeinde von Kuusalu. Deshalb nennt man sie im Sprachgebrauch
bis heute die Kapellen, obwohl diese Gemeinden schon viele
Jahrzehnte lang selbständig sind.
Die Geschichte der Errichtung von alter Juminda-Kapelle und neuer
Kirche ist auf dem zu dem 50. Jahrestag der Leesi-Kirche gedruckten
Liederzettel zu Papier gebracht. Nach dieser Geschichte hätte
die erste Kapelle auf der Landspitze Juminda gestanden, und die Schiffe
wären daran selten vorbeigeschoren, ohne dass die Schiffer auf
den Berg nicht gestiegen steigen wären, in der Kapelle dem Herren
Dank gesagt und seine Spenden in die Geldkassette gelegt hätten.
Wann die Kapelle gebaut wurde, ist es nicht bekannt, doch schon
in dem Jahre 1678 war sie so alt, dass man eine neue brauchte. In
demselben Jahr stieg sie in demselben Dorf Juminda, aber auf einer
anderen Stelle. Die Baukosten für die Errichtung nächster Kapelle
trug damaliger Kolgaer Graf Gustaw Otto Stenbock. Doch war
auch diese Kapelle im Jahre 1865 so betagt, dass die Mauern und
der Turm längst schief waren, und bei dem Sturmwetter hatte man
Angst, in das Gebäude zu treten.
Damit musste die Gemeinde in Aussicht nehmen, eine neue Kapelle
zu bauen. Während der Besprechungen wurde man zunächst nicht
zur Entscheidung gekommen, wo man die Kapelle aufbauen müsste.
Die östlichen Dörfer der Halbinsel waren für Juminda, die westlichen
bürgten für Leesi. Endlich neigte sich die Mehrheit doch zu
dem Dorf Leesi, und so wurde der Grundstein der heutigen Kapelle
am 15. Mai 1865 gelegt. Die Bauarbeiten dauerten fast anderthalb
Jahre. Am 17. September 1867 war das letzte Kommunionsfest in
alter Juminda-Kapelle gefeiert, und am 1. Oktober hatte der Propst
Berg des Kreises Ida-Harjumaa die neue Leesi-Kapelle in Gewesenheit
von mehreren anderen Pastoren als einen Tempel eingeweiht.
Darüber schrieb der Propst Woldemar Friedrich Kentmann in der
Kirchenchronik, dass die Kapelle in Leesi nach dem Plan der neuen
Loksa-Kapelle gebaut wurde, doch nach minderen Dimensionen.
Die Errichtung der Kapelle kostete 750 Rubel, 150 Rubel für den
Bau der Orgel inklusive. Den größten Teil davon wurde von den
freiwilligen Spenden gesammelt, 200 Rubel gab die Hilfskasse der
evangelisch-lutherischen Gemeinden. Graf Stenbock besorgte die
Materialien, er kaufte für 100 Rubel eine gebrauchte Orgel und löhnte
in dem ersten Baujahr einen Maurer. Zu dem Tag der Einweihung
blieb die Gemeinde noch etwa 100 Rubel schuldig.
Ein leicht steigender Weg, der zu der sich in dem Schatten der hundertjährigen
Linden verborgenen Kirchentreppe führt, geht lange
durch den Friedhof Leesi – der Tempel ist in der südöstlichen Ecke
des dörflichen Freidhofes gebaut. Wenn man durch das unter dem
Kirchturm liegende Vorhaus geht, sieht man, dass das Gebäude mit
den Fliesensteinmauern einen einzigen Raum mit rechtwinkligem
Grundriss und horisontaler Holzdecke hat, den ziemlich große
Fensteröffungen mit leichten Bogen in obenem Teil beleuchten. Es
gibt keine gesonderte Empore, auch keine Sakristei. Die von dem
Orgelmeister Gustav Terkmann (Targamaa) estnischer Herkunft in
dem Jahre 1905 gebaute Orgel befindet sich nicht auf dem westlichen
Balkon, sondern in der Seite vor den Bankreihen für Männer.
Die Orgel hat zwei Manuale, ein Pedal und 8 klingende Register.
Am Rand der nördlichen Mauer, auf einer Linie mit der Orgel steht
farbenreiche Kanzel, in deren Seitennischen die Schnitzfiguren von
Christus und drei Evangelisten Platz gefunden haben. Diese Kanzlei
von frühem Barock befand sich in der alten 1864 niedergerissenen
Kirche Harju-Jaani, woher sie – zwar umgebaut, ohne Schaldeckel
und einen kunstvoll ausarbeiteten Sockel – in die Nachbargemeinde
als eine wohlgemeinte Spende in die Leesi-Kapelle kam. Die
vierte Gestalt des Evangelisten (Matthäus) befindet sich bis heute
in Harju-Jaani. Ist vielleicht diese Tischler- und Schnitzarbeit im
Jahre 1646 in der Werkstätte des bekanntesten in seiner Zeit Tallinner
Meisters Tobias Heintze geschaffen?
Das erste Altarbild war in der neuen Kirche wahrscheinlich das
bisherige Bild der Juminda-Kapelle – “Schmerzensmann”, das ist ein
auf der hölzernen Tafel gemalte Ölgemälde aus dem Ende des XVII.
Jahrhunderts oder Anfang des XVIII. Jahrhunderts. Während der
Installierung der neuen pseudogotischen Altarwand im Jahre 1884
wurde altes Altarbild gegen die zweiteilige Leinwand “Rette mich,
mein Gott!” (in oberem Teil wurde der Schmerzensmann gebildet)
von dem in Tallinn handelnden Maler und Zeichenlehrer Theodor
Albert Sprengel (1832–1900) ausgetauscht. Die Fabel des Evangeliums
von Matthäus, 14, 28–31, wo ertrinkender Petrus sich in der
lebensgefährlichen Wellengewalt an die Hand seines Erlösers anklammert,
wurde gern gerade in den am Meer liegenden Kapellen
gebraucht. Auf der mit dem alten Altarbild ungefähr gleichzeitigen
Leinwand “Schmerzensmann” steht die Signatur von dem Autor
Tõno Mick, und sie stammt auch aus der Juminda-Kapelle.
Die ältesten Kunstgegenstände der Kirche in Leesi sind nämlich
aus der Juminda-Kapelle mitgebracht, darunter der hölzerne gefasste
Geldkästchen für die Spenden, wundervolle Sammlung sehr
alter Tischleuchter, einige Zinnkelche und -Prosphorabehälter. Besonders
einzigartig ist ein dreizackiger Kerzenständer, der deshalb
nicht in der Kirche, sondern in einem sichereren Raum aufbewahren
wird. Das Model dreimastigen Schiffes, das in dem Vorhaus
unter dem Kirchenturm hängt, wurde von dem hiesigen Bauern
Mart Paadimeister in den 1920. Jahren hergestellt.
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